Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen
Ist Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen anders als bei Erwachsenen? Ja und nein, lautet die Antwort.
Morbus Crohn kann nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen und selbst bei Kleinkindern vorkommen. Jung oder alt – Morbus Crohn ähnelt sich in vieler Hinsicht, unabhängig vom Alter. Es gibt bei Kindern und Jugendlichen jedoch auch viele Unterschiede im Vergleich zu Erwachsenen. Dazu gehört besonders, dass Morbus Crohn die Entwicklung beeinflussen kann.
Morbus Crohn ist „chronisch“, eine Heilung ist also nicht möglich. Es gibt jedoch gute und wirksame Therapien, mit denen sich die Erkrankung in ihre Schranken weisen lässt. Das ist bei Kindern und Jugendlichen insbesondere auch deshalb wichtig, damit Wachstum und Entwicklung nicht gestört werden.
Bei Morbus Crohn kommt es zu einer Entzündung im Verdauungstrakt, alle Bereiche können betroffen sein. Dabei ist die Entzündung fleckenförmig im Darm verteilt, unterbrochen von gesunden Abschnitten. Sie kann in alle Schichten der Darmwand vordringen.
Quick Facts
- Bei bis zu einem Viertel der Menschen mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa taucht die Erkrankung erstmals bereits vor dem 18., nicht selten sogar vor dem 10. Lebensjahr auf.
- Fast jede*r dritte Betroffene mit CED im Kindes- und Jugendalter ist bei Erkrankungsbeginn noch keine 10 Jahre alt.
- Häufiger als bei Erwachsenen kommt es bei Kindern und Jugendlichen vor, dass nicht genau zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa unterschieden werden kann.
- Es handelt sich dann um eine Colitis indeterminata. Besonders oft passiert das, wenn die Krankheit sehr früh auftritt und wenn große Teile des Dickdarms entzündet sind.
Wie verläuft Morbus Crohn bei Kindern?
Wie sich Morbus Crohn bei Kindern mit der Zeit entwickelt, lässt sich nicht vorhersagen. Manchmal sind Entzündung und Beschwerden stark ausgeprägt, manchmal nur leicht. Bei Kindern und Jugendlichen mit Morbus Crohn ist häufiger als bei Erwachsenen neben dem Darm auch der Mund, die Speiseröhre oder der Magen betroffen. Bei Kindern scheint sich die Erkrankung schneller zu verschlechtern als bei Erwachsenen. Daher ist insbesondere bei Kindern und Jugendlichen eine schnelle Diagnosestellung und der schnelle Beginn mit einer wirksamen Morbus-Crohn-Therapie wichtig.
Melanie erzählt, wie es war, als bei ihrem damals zweijährigen Sohn eine CED diagnostiziert wurde.
Symptome von Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen
Manchmal ist es gar nicht so einfach zu erkennen, ob Beschwerden durch Morbus Crohn ausgelöst werden. Gerade bei Kindern lassen die ersten Zeichen von Morbus Crohn oft an ganz andere Ursachen denken.
Zu den typischen Symptomen von Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen zählen:
- Bauchschmerzen
- Durchfall
- Gewichtsverlust
- Wachstumsverzögerungen
Die Beschwerden von Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen beschränken sich nicht immer nur auf den Verdauungstrakt, auch andere Organe können von Begleiterkrankungen betroffen sein. Daher ist es auch wichtig, darauf zu achten, ob sich z. B. an den Gelenken, der Haut oder den Augen etwas verändert.
Für ein ungebremstes Wachstum bei Morbus Crohn
Die Entwicklung vom Kind zum erwachsenen Menschen ist mit vielen körperlichen Veränderungen verbunden. Trifft Morbus Crohn auf diese sensible Lebensphase, kann einiges aus dem Gleichgewicht geraten. Manchmal geht es mit dem Wachstum nicht weiter oder die Pubertät verzögert sich. Warum? Das hat verschiedene Gründe:
- Die Entzündung verbraucht Energie, die eigentlich für die Entwicklung benötigt wird.
- Der Körper bekommt weniger Nährstoffe, weil der entzündete Darm sie nicht so gut aufnehmen kann.
- Bei Morbus Crohn kommt es häufig zu Appetitlosigkeit; wenn weniger gegessen wird, bekommt der Körper auch weniger Energie und andere Nahrungsbausteine.
Eine wirksame Behandlung, mit der die Entzündung und die Beschwerden gestoppt werden, sorgt dafür, dass die Entwicklung nicht gestört wird. Zudem müssen Gewicht und Größe regelmäßig ärztlich kontrolliert werden.
Die Behandlung von Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen
Für die Behandlung von Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Es kann so gelingen, die Entzündung und damit die Beschwerden langfristig wirksam zu kontrollieren.
Jedes Kind, jede*r Jugendliche hat einen individuellen Morbus Crohn und danach wird auch die individuelle Behandlung ausgesucht. Wo genau und wie stark ist der Verdauungstrakt betroffen? Welche Beschwerden gibt es? Danach wird die Therapie ausgerichtet.
Medikamentöse Therapie
- auch als 5-ASA-Präparate bezeichnet
- Wirkung: entzündungshemmend
- Einsatz: bei leichter Krankheitsaktivität; im Schub und auch danach, um einen neuen Schub zu verhindern
- Form: Tabletten, Granulat, Zäpfchen, Rektalschaum oder Einlauf – abhängig davon, wo sich die Entzündungen befinden
- Wirkung: stark entzündungshemmend und schnell; hochdosiert vermindern sie die Reaktion des Immunsystems
- Einsatz: bei geringer, mittlerer bis schwerer Krankheitsaktivität; im Schub
- Form: Tabletten, Injektion bzw. Infusion in die Vene, Einlauf oder Rektalschaum
- Besonderheiten: kein langfristiger Einsatz, da es bei längerer Anwendung vermehrt zu Nebenwirkungen kommt. Kortison bremst das Wachstum!
- Wirkung: entzündungshemmend, indem sie die Reaktion des Immunsystems hemmen; langsamer Wirkeintritt, bis zum Wirkeintritt wird daher meist zusätzlich mit anderen Medikamenten behandelt
- Einsatz: bei mittlerer und schwerer Krankheitsaktivität; im Schub und auch danach, um einen neuen Schub zu verhindern
- Form: Tabletten oder Injektionen
- Besonderheiten: regelmäßige Kontrolluntersuchungen – insbesondere zu Beginn der Behandlung – durch die Ärztin bzw. den Arzt, um Nebenwirkungen auszuschließen
- Biologika sind biotechnologisch hergestellte Medikamente. Die bei Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen eingesetzten Biologika zählen zu den sogenannten TNF-Hemmern.
- Wirkung: selektive Immunsuppressiva, die gezielt in die fehlgeleitete Abwehrreaktion des Immunsystems eingreifen; blockieren den Botenstoff TNF-alpha, der bei entzündlichen Erkrankungen in erhöhten Konzentrationen vorliegt
- Einsatz: bei schwerer Krankheitsaktivität, wenn andere Therapien nicht gewirkt haben oder nicht vertragen wurden oder nicht gegeben werden dürfen; im Schub und auch danach, um einen neuen Schub zu verhindern
- Form: Selbstinjektion unter die Haut (subkutan) oder Infusion in die Armvene (intravenös)
- Besonderheiten: regelmäßige Kontrolluntersuchungen, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen
Morbus Crohn bei Kindern: Ernährungstherapie
Anders als bei Erwachsenen ist bei Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen die Ernährungstherapie eine wichtige Behandlungsmöglichkeit.
Bei der sogenannten exklusiven enteralen Ernährungstherapie (EET) erfolgt eine ausschließliche Ernährung mit dafür geeigneter Trinknahrung über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen. Es wird in dieser Zeit keine übliche Nahrung zu sich genommen. Die „Astronautennahrung“ besteht aus speziellen Flüssigkeiten mit hochkonzentrierten Nährstoffen.
Meist zeigt sich nach etwa zwei Wochen bereits eine deutliche Besserung. In vielen Fällen kann mit der EET Entzündungsfreiheit erreicht werden. Nach sechs bis acht Wochen wird schrittweise wieder eine normale Kost eingeführt.
Ist die Ernährung wieder auf die normale Kost umgestellt, gibt es beim Essen keine spezielle „Morbus-Crohn-Diät“, die von Kindern eingehalten werden muss. Ein ausgewogener und abwechslungsreicher Speiseplan, der persönliche Verträglichkeiten berücksichtigt und alle Nährstoffe enthält, die benötigt werden, ist die passende Wahl.
In bestimmten Fällen kann eine partielle enterale Ernährungstherapie (PET) als Ergänzung zur Dauertherapie bei Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden. Bei der PET besteht nur ein Teil der Ernährung aus der speziellen Trinknahrung.
Morbus Crohn: Operationen bei Kindern und Jugendlichen
Zu einer Operation kommt es bei Morbus Crohn in der Regel, wenn sich die Krankheit so stark zeigt, dass sie durch Medikamente nicht eingedämmt werden kann. Ein weiterer Grund sind Komplikationen. Operationen bei Kindern und Jugendlichen sollten stets in Kliniken durchgeführt werden, die sich darauf spezialisiert haben, denn es ist eine besondere Erfahrung notwendig. Eine frühzeitige Diagnose und wirksame Behandlung trägt dazu bei, Operationen möglichst zu vermeiden.
Erwachsen werden mit Morbus Crohn
Der Weg zum Erwachsenwerden ist oft ganz schön turbulent. Vieles verändert sich: die Gefühle, der Körper, die Einstellung und auch der Umgang mit Morbus Crohn. Mit dem Eintritt ins Erwachsenenleben gibt es einen Arztwechsel, denn ab nun sind Gastroenterolog*innen für Erwachsene für die Behandlung zuständig.
Das ist manchmal eine ganz schöne Umstellung. Dieser Übergang – auch Transition genannt – sollte gut vorbereitet sein, damit es keine Überraschungen oder Unterbrechungen in der Betreuung gibt. Am besten ist es, wenn alle eingebunden sind: Jugendliche, Eltern, beide Ärzt*innen. Schließlich fällt der Wechsel oft nicht so leicht. Es lohnt sich daher, gezielt zu besprechen, welche Möglichkeiten es gibt, den Wechsel Schritt für Schritt zu gestalten.
Tipp: Kinderärzt*innen für Morbus Crohn
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, und es gibt Besonderheiten bei Morbus Crohn und auch bei der Therapie. Daher ist es wichtig, dass Morbus Crohn bei Kindern von Ärzt*innen behandelt wird, die sich sowohl mit CED als auch mit den Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen auskennen: Kinder- und Jugendärzt*innen für Magen-Darm-Erkrankungen (pädiatrische Gastroenterolog*innen).
Eine Praxis oder eine Klinik in deiner Nähe findest du über die medizinische Fachgesellschaft, die Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE).
Buderus S. Epidemiologie und klinische Besonderheiten der pädiatrischen CED. Monatsschr Kinderheilkd 2010; 158: 745–751. | Radke M. Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Gastroenterologe 2011; 6: 486–495. | Däbritz J, Gerner P, Enninger A et al. Inflammatory bowel disease in childhood and adolescence – diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 331–338. | Keller KM. Transition bei Jugendlichen mit CED. Kinder und Jugendliche mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) auf dem Weg ins Erwachsenenalter. Monatsschr Kinderheilkd 2010; 158: 738–744.