Psyche im Gleichgewicht bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa können dir aus unterschiedlichen Gründen zu schaffen machen und deine Psyche belasten.
Vielleicht schränkt dich die CED ein und du kannst Dinge nicht mehr in der Form tun, wie du es gewohnt bist. Die Tatsache, dass du nicht weißt, ob und wann ein neuer Schub kommt, kann Unsicherheit in dein Leben bringen. Die Beschwerden und Folgen – Durchfall, Blähungen, Narben – können zu Scham führen. Und darüber hinaus ist es häufig herausfordernd, mit Schmerzen umzugehen.
Wie stark jemand die Belastung der Psyche durch Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa empfindet und wie jemand damit umgeht, ist sehr unterschiedlich. Wenn du das Gefühl hast, dass die CED dich immer nur runterzieht, und du keine Idee hast, wie du aus dem Tief kommst, ist es Zeit, dir professionelle Hilfe zu holen. Denn: Nimmt deine psychische Belastung durch Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa überhand, z. B. in Form von einer Depression oder Ängsten, kann sich das wiederum ungünstig auf die Erkrankung auswirken. Mit einer psychotherapeutischen Unterstützung kannst du neue Perspektiven und Wege im Umgang mit der CED erlernen.
Depression bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Das Risiko für eine Depression ist mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erhöht. Wenn es zu einer Depression kommt, ist es wichtig, sie als eigenständige Erkrankung zu behandeln, auch wenn sie durch die CED verursacht ist. Falls du eine depressive Verstimmung hast, denke immer daran, dass sie nichts mit persönlichem Versagen, Schuld oder Schwäche zu tun hat. „Sich zusammenreißen“, „sich auf andere Gedanken bringen“ oder „sich gut zureden“ kann bei einer Depression nichts ausrichten. Zögere nicht, wenn du den Verdacht hast, bei dir könnte sich eine Depression eingeschlichen haben, und such dir professionelle Hilfe.
Quick Facts
- Der Übergang zwischen einer „schlechten Phase“ und einer Depression, die behandelt werden sollte, ist fließend.
- Eine Depression könnte vorliegen, wenn du folgende Zeichen über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen nahezu durchgehend an dir beobachtest: niedergeschlagene, gedrückte Stimmung, Antriebs- bzw. Energielosigkeit oder Freudlosigkeit.
- Ist das der Fall, sprich mit deiner Ärztin bzw. deinem Arzt, um dich beraten zu lassen, ob eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll ist.
CED? Keine Angst!
Jeder hat mal Angst – vor einer schwierigen Situation, vor Veränderungen oder auch vor Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Das gesunde Maß wird jedoch überschritten, wenn Ängste dein Leben bestimmen und du deinen Alltag an ihnen ausrichtest. Auch durch die CED kann das passieren.
Vielleicht meidest du aus Angst vor plötzlichem Durchfall längere Reisen. Nach und nach setzt sich diese Angst immer mehr fest und du wagst immer weniger. Irgendwann traust du dich auch für einen Einkaufsbummel oder einen Abend im Kino nicht mehr aus dem Haus.
Angst kann sich jedoch auch anders äußern: Plötzliches Herzrasen, Schwindel, Schlafstörungen oder Schwitzen können ein Zeichen für eine Panikattacke sein. Ständiges, nicht enden wollendes Grübeln kann ebenfalls Ausdruck von Angst sein. Wie bei einer Depression handelt es sich auch bei einer Angststörung um eine eigenständige Erkrankung, die behandelt werden muss. Wenn du das Gefühl hast, dass dich Ängste über das Maß belasten und einschränken, zögere nicht, dir Hilfe zu holen. Vielleicht kann eine Psychotherapie dafür sorgen, die Ängste zu besänftigen.
Quick Facts
- Eine Psychotherapie kann helfen, Lösungswege zu finden und neue Strategien zu entwickeln.
- Sie gibt dir die Möglichkeit, mit dem eigenen Leben besser klarzukommen. Es werden Veränderungsprozesse angestoßen, die du dann eigenständig im täglichen Leben umsetzt, z. B. im Umgang mit der CED.
- Von therapeutischer Seite wird lediglich ein Impuls dazu gegeben, eine Veränderung selbst umzusetzen.
- Es gibt unterschiedliche Verfahren der Psychotherapie, z. B. Verhaltenstherapie, die auch von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden.
- Du kannst dich an ärztliche oder psychologische Psychotherapeut*innen wenden.
Stress durch CED oder CED durch Stress?
Zu den Ursachen von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zählt Stress nicht. Das heißt, er kann nicht der Grund dafür sein, dass die CED bei dir ausgebrochen ist. Er kann die Erkrankung jedoch beeinflussen und die Symptome verstärken.
Vielleicht ist dir ja auch schon einmal aufgefallen, dass du in oder nach einer stressigen Zeit stärkere Beschwerden hattest oder es sogar zu einem erneuten Schub gekommen ist. Genau das kann nämlich passieren, wenn psychische Belastungen und Anforderungen zu viel werden.
Doch auch Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa selbst kann zum Stressfaktor werden. Denn Schmerzen, Durchfall, Scham, Angst vor dem nächsten Schub können zu Belastung und somit zu Stress führen. Was heißt das für dich? Du solltest mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa ganz besonders darauf achten, dass du nicht zu viel Stress ausgesetzt bist. Und wenn es doch einmal so weit kommt, solltest du nicht den Kopf in den Sand stecken und passiv bleiben, sondern dem Stress aktiv entgegenwirken.
Quick Facts
- Stress bedeutet, dass der Körper sich an Belastungen anpasst. Das erfolgt dadurch, dass Stresshormone ausgeschüttet und somit kurzfristig zusätzliche Kräfte mobilisiert werden.
- Eigentlich ist das eine gute Sache, denn richtig dosiert kann Stress anregend wirken und helfen, leistungsfähig zu bleiben.
- Zu Problemen kann es jedoch kommen, wenn Stress zu stark wird oder über einen längeren Zeitraum anhält. Unser Körper bleibt dann dauerhaft in „Alarmbereitschaft“, kann die Situation jedoch nicht bewältigen und es kommt zur Erschöpfung.
- Die Folgen können ganz unterschiedlich sein: Müdigkeit, Ängste, Verstimmungen oder auch eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte.
Stress bei CED: Vermeiden und bewältigen
Zwei Möglichkeiten gibt es, wie du ein Stressproblem lösen kannst. Du kannst die Stressquelle beseitigen. Das ist der effektivste Weg. Allerdings lassen sich manche Ursachen von Stress nicht einfach abschalten – etwa die CED. Die zweite Möglichkeit ist, dass du lernst, besser mit dem Stress und seinen Auslösern umzugehen. Dazu gehört, einen aktiven Umgang mit Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa zu entwickeln und möglichst viel für dein allgemeines Wohlbefinden zu tun. Auch bewusst für Entspannung zu sorgen ist ein guter Schutz gegen Stress. Es gibt unterschiedliche Strategien, um besser mit Stress umzugehen.
Du hast in einer Situation das Gefühl, den Überblick zu verlieren? Mach einen Schritt zurück und versuch, das Ganze mit etwas Abstand zu betrachten. So lassen sich Lösungswege besser erkennen.
Wie ist das Glas, halb voll oder halb leer? Wie du eine Situation bewertest, hat großen Einfluss darauf, wie du sie empfindest. Natürlich ist damit nicht gemeint, dass du den ganzen Tag mit einer rosaroten Brille durch das Leben gehst. Doch dir bewusst zu machen, wo deine eigenen Stärken liegen und welche Handlungsmöglichkeiten du hast, kann eine Situation entschärfen.
Sport, ein gutes Buch, die Lieblingsmusik oder eine gezielte Entspannungstechnik – was hilft dir dabei, richtig abzuschalten und aufzutanken? Finde deine persönliche Energiequelle und nutze sie regelmäßig.
Du mutest dir gern zu viel zu und deine persönlichen Grenzen ignorierst du schon mal? Geh verantwortungsvoll mit deinen Ressourcen um. Dazu gehört etwa, Ziele realistisch zu setzen, die eigenen Grenzen zu respektieren, sich auch Verschnaufpausen zu gönnen oder einfach mal „Nein“ zu sagen.
Tipp: In Balance mit CED
Ein aktiver Umgang mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, eine Entspannungstechnik erlernen, für Entschleunigung sorgen – bei allen Möglichkeiten, Stress anzugehen, kannst du auch an einen Punkt gelangen, an dem du das Gefühl hast, dich selbst nicht mehr befreien zu können. Das ist nichts Ungewöhnliches. Wichtig ist nur, dass du dir Unterstützung suchst. Vielleicht kann eine Psychotherapie dir helfen, neue Strategien zu entwickeln.
Barberio B, Zamani M, Black CJ et al. Prevalence of symptoms of anxiety and depression in patients with inflammatory bowel disease: a systematic review and meta-analysis. Lancet Gastroenterol Hepatol 2021; 6 (5): 359–370. | Sgambato D, Miranda A, Ranaldo R et al. The role of stress in inflammatory bowel diseases. Curr Pharm Des 2017; 23: 3997–4002.