Inken: Erfahrungsbericht Reisen
Bis ans Ende der Welt, nach Neuseeland, reist Inken für ein Praktikum. Ein Wunsch, den sie sich trotz Morbus Crohn erfüllt hat.
Praktikum in Neuseeland: Auslandsaufenthalt mit Morbus Crohn
Mein Name ist Inken, ich bin 30 Jahre alt. Mit 11 Jahren wurde bei mir Morbus Crohn festgestellt. Mit der Diagnose änderte sich plötzlich mein Leben, die Welt um mich herum drehte sich trotzdem weiter. Ich musste mit starken Schmerzen, Durchfall und permanenter Müdigkeit fertigwerden. Die Erkrankung war oft unberechenbar und gab nie für längere Zeit Ruhe. Die letzten 19 Jahre mit Morbus Crohn waren sehr anstrengend. Heute studiere ich Gesundheitsmanagement und bin ehrenamtlich seit mehreren Jahren für die Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV) tätig.
Trotz aller Hindernisse: Ein Beruf im Gesundheitswesen
Für Medizin und den Umgang mit Menschen interessiere ich mich schon immer – vielleicht auch wegen meiner Erkrankung. Meine Neugier wuchs von Jahr zu Jahr und ich fasste den Entschluss, später einmal selbst Ärztin zu werden und anderen Menschen zu helfen. Ich musste jedoch relativ schnell feststellen, dass ein Medizinstudium und auch die spätere Tätigkeit als Ärztin mit meiner Erkrankung nicht zu vereinbaren sind. Doch ich gab meinen Wunsch, im Gesundheitswesen zu arbeiten, nicht auf. Schritt für Schritt arbeitete ich mich voran: Ich machte ein Freiwilliges Soziales Jahr, einen Lehrgang zur Rettungssanitäterin und eine Ausbildung in der Pflege. Meinem neuen Ziel, dem Studium im Gesundheitsbereich, kam ich Mitte 2014 näher, als ich die Zusage für den Studiengang Gesundheitsmanagement bekam.
Nicht aufgeben: Der Weg zum Auslandsaufenthalt
Die ersten Semester fingen sehr spannend an. Ich war total begeistert, endlich studieren zu können, und sog das Wissen nur so auf. Trotzdem reichte mir das Studium irgendwie nicht. Ich wollte die Welt sehen und auch im Ausland lernen. Den Wunsch, fremde Länder und Kulturen kennenzulernen und dort zu leben, hatte ich bereits zu Schulzeiten, als ich verschiedene Fremdsprachen gelernt habe. Diese Begeisterung stand auf der einen Seite, das Hindernis Morbus Crohn auf der anderen. Lange überlegte ich, wie ich beides zusammenbringen kann. Viele Nächte lag ich während des Studiums wach und grübelte, ob ich es trotz der immer wiederkehrenden Beschwerden wagen sollte. Ich habe mich im Internet informiert. An wen ich mich an meiner Hochschule wenden kann und welche Möglichkeiten ich in meinem Studiengang genau habe, war mir zunächst nicht klar. Letztendlich fand ich jedoch eine sehr gute Ansprechpartnerin, mit deren Hilfe ich meinen Auslandsaufenthalt selbstständig plante. Hinsichtlich der speziellen Bedürfnisse durch den Morbus Crohn tauschte ich mich mit anderen Betroffenen über deren Erfahrungen aus. Professionelle Hilfsangebote in dieser Richtung waren mir leider nicht bekannt. Ich wagte es trotzdem, denn meine Neugier und Motivation wurde auch durch meinen „unsichtbaren Begleiter“ nicht gemindert.
Ausbildungsstipendium der Stiftung Darmerkrankungen
Die finanzielle Hürde des Auslandsaufenthalts konnte ich mit Unterstützung der Ausbildungsförderung der Stiftung Darmerkrankungen nehmen. Eine Freundin von mir, ebenfalls Stipendiatin, gab mir den Tipp, mich dort für ein Ausbildungsstipendium zu bewerben.
Ich freute mich riesig, als ich die Zusage bekam. Nun konnte es mit der Planung richtig losgehen. Anfang 2017 erhielt ich die offizielle Zusage für ein Praktikum in Neuseeland. Ab diesem Moment drehte sich alles nur noch um das Land auf der anderen Seite der Erde. Mir stand ein 15-wöchiger Aufenthalt in der medizinischen Abteilung der Universität von Otago auf der Südinsel Neuseelands bevor. Dort sollte ich an einer Vergleichsstudie über chronisch-entzündliche Darmerkrankungen mitarbeiten. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, das neuseeländische Gesundheitssystem kennenzulernen, insbesondere die Selbsthilfeorganisation Crohn’s und Colitis New Zealand (CCNZ).
Reiseplanung: An alle „Crohn-Eventualitäten“ denken
Mir war klar, dass aufgrund meiner chronischen Erkrankung auch die Reisevorbereitungen mehr Aufwand bedeuten würden, aber das war mir egal. Ich wollte es unbedingt und stand kurz vor meinem Ziel. Ich ließ mich von meinen Ärzten durchchecken, besorgte mir die Rezepte für alle nötigen Medikamente und suchte mir eine Auslandskrankenversicherung, über die ich abgesichert sein würde, falls sich die Beschwerden des Morbus Crohn verschlimmern. Ich besorgte mir alle Unterlagen, die für die Reise bzw. den gesamten Aufenthalt nötig waren. Außerdem plante ich genau, wie ich meine nötigen Spritzen gekühlt über die 40-stündige Reiseetappe bringen kann.
Für jedes Morbus-Crohn-Problem eine Lösung
Dann ging es endlich los. Nach dem sehr langen Flug plagte mich zunächst für 2 bis 3 Wochen der Jetlag, ich war dauerhaft müde. Danach hatte ich mich endlich an die neue Zeitzone gewöhnt. Während meiner gesamten Reisezeit und während des Praktikums habe ich immer Ausschau nach sanitären Anlagen gehalten. Alles in allem hat mich mein Darm ein wenig gestresst, aber es ist nichts wirklich Schlimmes passiert. Auf den Flügen hielt sich der Morbus Crohn zurück, alles klappte sehr gut.
Als ich jedoch einmal zur Pinguinbeobachtung am Strand war, und ein anderes Mal, während meines Städtetrips nach Christchurch, hatte ich sehr schwierige „Crohn-Momente“. Glücklicherweise fand sich aber jeweils eine gute Lösung. Auf der Nordinsel wollte mein Morbus Crohn das WC in einem Bus testen – nicht sehr bequem, aber auch das hat geklappt. Insgesamt gab es eine Lösung für jedes „Crohn-Problem“. Obwohl während meiner Zeit in Neuseeland ein Bluttest notwendig war, weil ich mich müde und erschöpft fühlte und ein wenig Darmschmerzen hatte, verringerte das nicht im Geringsten meine Freude über meinen Aufenthalt.
Eine Bereicherung für das ganze Leben
Ich habe überall in Neuseeland und vor allem in meinem engeren Umfeld sehr freundliche Menschen kennengelernt. Zum Beispiel ging ich zu einem lokalen CCNZ-Selbsthilfegruppentreffen in Dunedin und hatte die Möglichkeit, an einer Vorstandssitzung in der Hauptstadt Wellington teilzunehmen. Meiner Meinung nach ist die Förderung des Austauschs zwischen uns CED-Patienten sehr wichtig, auch im internationalen Kontext!
Ich bin immer noch begeistert von dem tollen Praktikum, den vielen wundervollen Menschen und einfach einer unbeschreiblich herausragenden Zeit in Neuseeland. Das Praktikum und das Reisen durch Neuseeland haben mir geholfen und mein Leben auf viele Arten positiv verändert, mit denen ich vorher nicht gerechnet hätte. Ich werde auf jeden Fall eines Tages einen neuen Besuch wagen! Ich möchte es jedem empfehlen, unabhängig von Krankheit oder Geld. Probiert es aus – es gibt immer einen Weg.
Tipp: Ausbildungsstipendien der Stiftung Darmerkrankungen
Du hast ein besonderes Fort- oder Ausbildungsvorhaben, um deine beruflichen Ziele zu verwirklichen? Die Stiftung Darmerkrankungen bietet Unterstützung. Sie vergibt jedes Jahr Ausbildungsstipendien, um junge Menschen mit CED zu fördern. Zu den Vorhaben, die dich in der Berufsqualifikation voranbringen, gehören zum Beispiel Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen wie Repetitorien, Meisterklassen und Auslandssemester.